Hello world!

Willkommen auf Bahnsteig F bei Nacht! Blicken Sie mit uns hinüber zur Überführung von Bahnsteig D nach E bzw. von Eingang Markgrafendamm zum Ausgang Sonntagstraße. Rechts unterhalb des Fernsehturms erkennen Sie das Dach von Bahnsteig A, dem letzten verbliebenen Bahnsteig, der die Ringbahn mit der Stadtbahn verbindet. Züge aus Schönefeld Richtung Warschauer Straße halten hier noch alle 20 Minuten.
Was gibt es sonst?

Ostkreuz Guide ist ein Photoblog. In kurzen Abständen werden hier Photographien und gelegentlich Infos oder Geschichten rund um den herausragendsten aller Berliner S-Bahnhöfe veröffentlicht, der laut Auskunft aller, die es wissen müssen, nur noch aus Gewohnheit steht.

Seit Januar 2006 wird das Ostkreuz, dessen älteste Bestandteile aus dem 19. Jahrhundert stammen, sehr allmählich abgerissen. Es begann mit Baumfällungen um den Wasserturm und entlang der Nordkurve, ging weiter mit dem Abriß der Baracken am Eingang Sonntagstraße.
Ende August wurde die Nordkurve, die schon einige Zeit zuvor für immer gesperrt wurde, entgültig entgleist.
Und so wird es weiter gehen. Nichts wird bleiben, wie es war. Stück für Stück wird der Charme des Rosts, der marode Hauch der Geschichte, den jede Schraube dieses Bahnhofs umweht, demontiert und auf den großen Müllhaufen des Vergessens geworfen werden.

Am Ende wird ein weiterer stahlglasgrüner Konsumpalast mit Gleisanschluß hier stehen, gesichtslos aber praktisch, würdelos aber zweckmäßig und zertifiziert. Zwar wohl kaum für so lange Zeit wie die bisherige Version, aber in so langen Perioden denkt heute eh niemand mehr.

Das Photoblog Ostkreuz guide verschafft der Erinnerung an einen der magischen Orte im Universum schon im Vorhinein einen dauerhaften Platz.


Dies ist Grapf, wie er Bahnsteig A photographiert, gesehen und festgehalten von nickelartist.

S Warschauer Straße

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Die Schließung der Haupt-Empfangshalle vor über einem Jahr deutete es ja längst an: die Tage eines der charakterstärksten S-Bahnhöfe in Berlin sind gezählt. Das ganze Gebäude soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.
Ist es nötig zu erwähnen, daß ich das über die Maßen schade finde? Seit ich diesen Bahnhof das erste Mal sah, im März 1998, mag ich ihn, fühle mich stets wie in einer ganz besonderen Welt, unten auf den düsteren Bahnsteigen, auf denen man noch den Geruch des alten Ostens zu finden meint – genauso wie oben, zwischen Obst- und Zigarettenladen vor dem Empfangsgebäude, und erst recht auf der Warschauer Brücke, einem Ort, der zu jeder Tages- und Jahreszeit belebt ist.
Höchste Zeit für eine letzte ausgiebige Foto-Session, um die Erinnerung an den alten Zustand zu bewahren.

Immer viel Betrieb

13:51 Uhr, endlich, mit dem Einsteigen in den Bus beginnt der Feierabend. Eine HBL-Durchgangsprüfnung, die daraus besteht, 30s lang einen Schlauch, an dem 10 bar Druck anliegen, zu halten und auf einen Druckabfall zu achten (ha ha, als ob man dann noch was hören würde) und einige volle Bremsproben mit und Magnetschienenbremse liegen hinter einem. Nichts ist spannnender als Bremsdienst :-/
Karlshorst dann das warten auf die S-Bahn. Die S3-4-Wagen-Coladose kommt wie immer zu spät. Es gibt einen einzigen Zug auf der S3, der immer spät dran ist. Seltsam. Die Brandenburger Klassenkameraden winken noch ihrem RE1 hinterher, der den Zug überholt und den sie wegen eines erneuten Redeanfall eines Lehrers nicht mehr schaffen, als während der Vorbeifahrt an den grauen, schlecht verputzten Wartungshallen als nächster Bahnhof „BETRIBSBF. RUMMELSBURG“ erscheint. Anscheinend fahren zu wenig Coladosen auf der S3, dass dies noch keinem aufgefallen ist. Auch die Mitreisenden blicken nur müde und gelangweilt aus dem Fenster auf die abgestellten Reisezüge. „Da muss mal wer gleich ’ne Eingabe machen.“ – „Ja, mach Du mal.“ Drei Minuten später ist am Ostkreuz eh alles vergessen, wenn es irgendwo viel Betrieb gibt, dann hier. Die Menschenströme zwängen sich über die zu engen Treppen und die schmalen Bahnsteige, das Flair ist eine Gedankenwäsche zum Feierabend. Im Gedränge noch schnell verabschiedet, bevor man sich verliert, bevor es heimwärts weitergeht.

Werte Fahjäste, et dauat noch

01:31 Uhr am Ostkreuz, ein wenig Bierselig und heimwärts gerichtet. Der Nordring fuhr natürlich vor drei Minuten ab, was 27 Minuten warten verspricht. „Jaja, warn wir mal fünf Minuten früher losgegangen“, aber wann weiß man das schon vorher. Da einer von uns Richtung Ostbahn fahren muss und der Ringbahnsteig mit freien Bänken nicht aufwarten kann, geht’s treppab auf den Stadtbahnsteig. Nach Wannsee steht der Zug abfahrbereit mit geschlossenen Türen, doch passieren tut nichts. Kurz darauf eilt ein BGS-ler zu einem Führerstand in der Zugmitte und verschwindet dort. „Werte Fahjäste, et dauat noch“. Moderne Fahrgastinformation aus erster Hand, hier gibt es sie noch. Wenig später kommt der Bundesgrenzschützer mit leeren Händen zurück und der Zug setzt sich in Bewegung. Was auch immer gedauert hat, kein Mensch weiß es.

Nachtrag: Heute beim Umsteigen, selber Bahnsteig, anderes Gleis. „Richtung Wartenberg, zurückbleiben bitte. Äääh, ‚tschuljung, Richtung Strausberg“. Am Ostkreuz gerät wohl einiges aus den Fugen. Da wundert’s nicht, dass auf allen Gleisen Kurzzüge angekündigt wurden.

Die Rückkehr des Toasters

Es ist leider mal wieder passiert. Am Montag brannte ein Wagen der BR 480 im Anhalter Bahnhof aus. Das ist das vierte mal, dass es bei dieser Baureihe passiert ist, weswegen sie intern schon den Spitznamen „Toaster“ hat. Einmal brannte in Lichtenrade ein Wagen aufgrund eines Kabeldefektes, einmal in Tegel sowie kurz nach der Ausfahrt aus dem Nord-Süd-Tunnel Yorckstraße wegen eines Problems im Lüftungssystem (beide Male am Anfang der Heizperiode, da energiesparend die Motor- und Bremsabwärme zum Heizen der Waggons benutzt wird) und nun ausgerechnet im Tunnel.
Zum Glück ist nichts übles passiert, außer drei Leichtverletzten, einem dreckigen Bahnhof mit maroder Decke, zwei verkohlten Wagen und einem Chaos auf der Nord-Süd-Bahn ist dank des vorbildhaften Handelns der Triebfahrzeugführer und der Bahnhofsaufsicht, für die sie auch bereits geehrt wurden, sind zum Glück keine Toten zu beklagen. Interessanterweise stürzt sich aber die Tagespresse trotz des ausklingenden Sommerloches nicht wie zu erwarten wäre mit langen Berichten, Expertenmeinungen, Augenzeugenaussagen und großen Forderungen auf das Thema. Die recht kurzen Artikel verstecken sich zwischen den Berichten über die Unterspülung auf der Stadtautobahn und den vielen Feuilletonmeldungen. So kommt es auch nicht zu großen Forderungen, erst einmal alle Fahrzeuge der Baureihe aus dem Verkehr zu ziehen wie es die BVG nach dem zweiten Brand eines GII-Wagens tat, was ohnehin wenig Sinn machen würde, da es sich um verschiedene Ursachen handelte. Lediglich ein fehlender zweiter Ausgang auf dem Bahnhof wurde beklagt (neben dem einzigen stand wie vor einigen Jahren auf dem Bahnhof Deutsche Oper der brennende Wagen).
Ein interessanteres Thema jedoch ist das Gedankenspiel, was passiert wäre, wenn die Bahnsteige und vielleicht sogar die Züge unbesetzt gewesen wären. Laut der Feuerwehr wurde das mögliche Horrorszenario nur durch das besonnene Handeln der Fahrer und der Aufsicht verhindert. Aber was wäre, wenn es einen oder gar beide nicht gäbe?
Durch den Lauf Geschichte hat die S-Bahn ihre Abfertiger auf dem Bahnsteig bis heute beibehalten. Alle freuen sich und selbst die S-Bahn Berlin GmbH wirbt damit, nicht zuletzt wegen des unschätzbaren Services für die Fahrgäste, immer einen Ansprechpartner bei Fragen zu haben. Bis zum letzten Jahr wollte die S-Bahn daher ihre Aufsichten auch nicht streichen. Dank der Sparpläne des Senats ist dies leider nur noch ein Traum. Schweren Herzens zieht die S-Bahn die Rotkäppchen in wenigen Jahren von den Bahnhöfen ab. Zwar werden keine Stellen gestrichen, aber Arbeitsplätze gehen durch die fehlende Neubesetzung dennoch verloren. Der Brand hat aber einen weiteren Aspekt gezeigt. Unbesetzte Bahnhöfe gehen so lange gut, wie nichts passiert. Hätten die Aufsichten die Fahrgäste nicht ins Freie geleitet, wäre vielleicht mehr passiert. Ein Chaos mit einigen Toten oder zumindest schwer verletzten wäre bei unbesetzten Zügen jedoch ziemlich sicher gewesen. Sicher kann man viel Geld sparen, wenn man Automaten die Menschenarbeit überlässt, aber es sollte in den rein finanziellen Gedanken jedoch nicht vergessen werden, dass der Mensch auch den Vorteil besitzt, dass er auch in Notfällen handeln kann, wenn unsere Helfer versagen. In einem Vorfall wie auf dem Anhalter Bahnhof hätten SELTRAC, LZB 501 oder STAR nichts anderes getan als die Züge zum Stehen gebracht bzw. in den verqualmten Bahnhof einfahren lassen, da das System den Rauch nicht gesehen hätte und eine Notbremsung der Fahrgäste im Tunnel erst im nächsten Bahnhof zum Halt führt.
Solange Debatten um die Abschaffung von Personal nur aus Kostengründen gemacht werden, sollten die Verantwortlichen überlegen, wie es mit der Sicherheit steht, wenn etwas schief läuft. Bei Stellwerken mögen Rechner fehlerfreier als Menschen sein, aber es gibt eben auch Gebiete, wo dies im Notfall nicht so ist. Hoffentlich überlegen sich die Köpfe an den Sparhähnen noch einmal genau, ob es noch etwas anderes als Rationalität gibt und wie viel ihnen ein Menschenleben wert ist.

Frühling lässt sein blaues Band, wie einst Möricke bemerkte

Es hat sich scheinbar herumgesprochen: Langsam ist der Frühling unumgänglich. Außer, dass ab und an die Sonne auch mal etwas länger scheint und es warm ist, steigt die Stimmung. Selbst die unerbitterlichsten Aufsichten lassen die Türen auch mal wieder öffnen, wenn Umsteiger die Treppen hochgestürzt kommen, und sogar die Ansage, dass der Zug nach Oranienburg voraussichtlich sieben Minuten Verspätung hat, wird nicht gebrubbelt, sondern freundlich beschwingt angesagt und sich anschließend sogar um Verständnis gebeten. Wer sagt da nicht nein?
Im Ernst: Alles blüht auf und sogar im Bahnfahreralltag ist dies zu merken. Die angestrengte Hektik setzt einmal kurz aus und es wird nicht sofort gemeckert, wenn der Anschluss doch weggefahren ist. Dafür wird man auch reichlich belohnt, wenn man z. B. auf der Wannseebahn an langen violetten Fliederhecken vorbeifährt und die Biotope neben den Gleisen in frischem Grün strahlen. Der Lebensraum Bahn erwacht wieder zu neuem Leben.

Alle Räder stehen still

Es scheint, als herrsche ein kleines bisschen Chaos. In der Zeitung scheint es immer etwas entrückt zu sein, aber sobald man dann selbst einmal betroffen ist, merkt man, worum es eigentlich geht.
Dass man bereits zweimal zuvor wegen Notarzteinsätzen ewig warten musste, damit haben die S-Bahner natürlich nichts am Hut, vor allem, wenn es sowieso in der U-Bahn war. Beim Umsteigen in Jungfernheide lauert aber die nächste Enttäuschung: Ein verwaister Bahnhof und die Information „Zugverkehr unterbrochen“. Ärgerlich. Aber lohnt sich Ärger hier?
Die S-Bahner arbeiten derzeit ohne Tarifvertrag. Durch die Kürzungen der Zuschüsse seitens des Senates, die an die englische Formulierung „reverse hijacking“ erinnert, musste ein neuer Tarfifvertrag ausgehandelt werden. Wenn der zweite Versuch scheitert, kann man den Unmut verstehen. Andererseits hat auch die S-Bahn Berlin GmbH selbst das Spagat zu schaffen, mit weniger Geld den gleichen Betrieb aufrecht zu erhalten. Eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich ist daher grundsätzlich auch verständlich.
Ob ein Schimpfen auf die Scheiß-S-Bahn also Sinn hat, sollte jeder selbst urteilen. Natürlich ist es ärgerlich, wenn man nicht vom Fleck kommt, aber so merkt man erst einmal, wie wichtig die S-Bahn für die Stadt ist. Eine ausgeglichene Lösung ist also mehr als wichtig. Oder soll es beim Streik bleiben?

Weitere Infos:
Der Tagesspiegel vom 23. 04. 2004
Pressemitteilung der S-Bahn Berlin GmbH vom 21. 04. 2004

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